Was gilt, wenn nach einem angenommenen Einigungsvorschlag der Schiedsstelle die zum Patent angemeldeten technischen Lehre vom Arbeitgeber aufgegeben und dann verändert als Betriebsgeheimnis genutzt wird? Gibt es einen Anpassungsanspruch bezüglich eines angenommenen Einigungsvorschlags?
Patentanmeldung zurückgezogen und Betriebsgeheimnis erklärt
Der Antragsteller ist Alleinerfinder eines geänderten Verfahrens, das er zunächst im Jahr 1996 mündlich als betrieblichen Verbesserungsvorschlag in den Betrieb der Antragsgegnerin einbrachte. Die Arbeitgeberin nutzte ihn und meldete den Vorschlag 1998 zum Patent an.
Noch vor Offenlegung des Patents zog sie 2000 jedoch die Patentanmeldung zurück, ordnete die Geheimstellung der Erfindung an (gemäß § 17 Abs. 1 ArbEG) und anerkannte gegenüber dem Antragsteller die Patentfähigkeit.
Gleichzeitig änderte sie ab 2000 die angewandte Temperatur leicht ab und verließ damit den patentierten Temperaturbereich – mit schriftlicher Zustimmung des Erfinders.
Einigungsvorschlag der Schiedsstelle gilt als angenommen- ohne Widerspruch
Der Antragsteller hatte in dem Schiedsverfahren von der Antragsgegnerin die Zahlung von Vergütung für die Benutzung seiner technischen Lehre vor dem Jahr 1998 als Verbesserungsvorschlag und ab dem Jahr 2000 als Diensterfindung gefordert. Dem Antragsteller stehe – so die Schiedsstelle in dem Zwischenbescheid – für das Jahr 1997 Vergütung aufgrund der Benutzung einer erst im Jahr 1998 unbeschränkt in Anspruch genommenen Diensterfindung nicht zu. Weil die Antragsgegnerin ab dem Jahr 2000 lediglich auf eine veränderte Temperatur erhitzt habe, sei der Schutzumfang der Diensterfindung eindeutig verlassen worden. Daher lautete der Einigungsvorschlag der Schiedsstelle „Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin ab dem Jahr 2000 keinen Anspruch auf Erfindervergütung für die genannte Diensterfindung.“
Beiden Beteiligten war der Einigungsvorschlag jeweils am 09.04.2008 zugestellt worden, dem beide nicht widersprachen. Deshalb gilt der Einigungsvorschlag nach § 34 Abs. 3 ArbEG als angenommen.
Forderung nach Anpassungsanspruch zulässig
Der Arbeitnehmererfinder wandte sich 2012 erneut an die Schiedsstelle. Er beantragte, die Schiedsstelle möge feststellen, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller einen Anpassungsanspruch und eine angemessene Nachvergütung ab dem Jahr 2000 schuldet. Er könne von der Antragsgegnerin die Einwilligung in eine andere Vergütungsregelung verlangen (§ 12 Abs. 6 Satz 1 ArbEG), weil das Geheimhaltungsinteresse der Antragsgegnerin nach § 17 Abs. 1 ArbEG weggefallen sei und weil die Antragsgegnerin die Diensterfindung seit dem Jahr 2000 benutze.
Insbesondere die Feststellung, er könne von der Antragsgegnerin die Einwilligung in eine andere Vergütungsregelung als diejenige verlangen, die dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle von 2008 entspricht, rechtfertigt die Zulässigkeit des Verfahrens vor der Schiedsstelle. Denn hinsichtlich genau dieses Verfahrensgegenstandes gibt es keinen wirksamen Einigungsvorschlag, weshalb der Antragsteller ein sogenanntes „berechtigtes Interesse“ an der Anrufung der Schiedsstelle hat und seine Anrufung der Schiedsstelle nach § 28 ArbEG damit auch zulässig ist.
Schiedsstelle widersprach dem geforderten Anpassungsanspruch
Im Verfahren selbst aber widersprach die Schiedsstelle dem geforderten Anpassungsanspruch. Denn der Antragsteller habe nicht bewiesen, dass sich die Umstände nach dem 10.05.2008 im Blick auf die Benutzung der Diensterfindung durch die Antragsgegnerin ab dem Jahr 2000 wesentlich geändert haben, die für die Vergütungsvereinbarung vom 10.05.2008 maßgebend waren. Sogar wenn man die Behauptung des Arbeitnehmererfinders als bewiesen unterstellen würde, wonach die Antragsgegnerin die Diensterfindung nicht als Betriebsgeheimnis nach § 17 Abs. 1 ArbEG hätte behandeln dürfen, wäre dies ein Umstand, der dann bereits im Jahr 2000 bestand. Insofern haben sich nach dem Abschluss der Vergütungsvereinbarung keine tatsächlichen Umstände, die für den Vertrag maßgebend waren, wesentlich geändert, stellte die Schiedsstelle klar und wies die Forderung des Arbeitnehmererfinders zurück. (Möglicherweise auch interessant: Arbeitnehmererfindung ist Betriebsgeheimnis – ist sie wertlos? )
Auch habe der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Freigabe und Übernahme der Diensterfindung – auch wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht verwertet, erinnerte die Schiedsstelle (auch unter: Freigabeanspruch auf eine Diensterfindung).
Leitsatzentscheidung der Schiedsstelle
Ein angenommener Einigungsvorschlag kann als Vergleich dem Anpassungsanspruch nach § 12 Abs. 6 ArbEG unterliegen. Wird nach der Annahme eines Einigungsvorschlags die Benutzung der seinen Gegenstand bildenden, zum Patent angemeldeten technischen Lehre durch den Arbeitgeber aufgegeben und eine veränderte technische Lehre als Betriebsgeheimnis behandelt und benutzt, dann ist die Geheimhaltung keine spätere Veränderung wesentlicher Umstände im Sinne von § 12 Abs. 6 ArbEG, welche zu einer Anpassung des Einigungsvorschlags führen könnte. Eine Verletzung der Schutzrechtserwirkungspflicht des Arbeitgebers nach § 13 Abs. 1 ArbEG durch Nichtausschöpfung der gemeldeten Lehre der Erfindung liegt nicht vor, wenn zur Abgrenzung von dem ansonsten voraussichtlich neuheitsschädlichen Stand der Technik mit Zustimmung des Erfinders ein Temperaturbereich in den Patentanspruch der Patentanmeldung eingefügt wird.
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